Noto Routen Nach der Mittagspause war die heutige Altstadt von Syrakus, die auf der kleineren, vorgelagerten Insel Ortigia liegt, das Ziel der Exkursionsgruppe. Hier wurde unter anderem die Arethusaquelle betrachtet, eine Quelle, die mit der gleichnamigen Nymphe personifiziert wurde und aufgrund der wichtigen Trinkwasserversorgung des antiken Syrakus große Verehrung genoß. In unmittelbarer Nähe der Quelle stellte Eva Nesselmann die beiden antiken Naturhäfen von Syrakus vor, die dessen Rang in griechischer und römischer Zeit mit begründeten und die aufgrund ihrer Lage der Stadt guten Schutz boten. Die Referentin ging auch der Frage nach, welche Bedeutung der rege Mittelmeerhandel und die restlichen Häfen Siziliens für die Bevölkerung und die Identität der Insel hatte. Frank Stini problematisierte am Dom von Syrakus und an den Resten des Apollon- und Artemistempels die Kontinuität der sizilisch-griechischen Kultur und Bevölkerung in byzantinischer Zeit. Eine Besonderheit des Doms ist in diesem Zusammenhang, daß seine christlichen Vorgängerbauten wohl im 7. Jahrhundert aus dem dorischen Athenatempel entstanden. Dessen Überbleibsel sind in der Form der Cella und einiger Säulen und Kapitelle trotz zahlreicher Umbauten noch heute sichtbar. Unklar bleibt, welche Bedeutung dieser Athenatempel für die Syrakusaner in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten hatte: Warum konnte ein paganes Heiligtum in dem spätestens seit dem vierten Jahrhundert weitgehend christianisierten Syrakus überleben? Läßt sich dies vielleicht mit ‚nostalgischen Schwärmereien' der Syrakusaner erklären? Am Morgen des 20. September führte das Programm nochmals für einen kürzeren Abstecher in das Stadtzentrum von Syrakus, wo Peter Guyot durch die Anlage der Katakomben von S. Giovanni Evangelista führte. Die unterirdischen Begräbnisstätten gruppieren sich um das Grabmal des ersten Bischofs von Syrakus, Marcianus, der im 3. Jahrhundert den Märtyertod erlitt. Auf dieser Kultstätte, die weiterhin als Krypta fungierte, wurde bereits im 4. Jahrhundert der erste Dom von Syrakus errichtet, der im 7. Jahrhundert jedoch seine Funktion als Bischofskirche abgeben mußte. Die Katakomben sind die ältesten Zeugnisse des christlichen Sizilien und stellen insbesondere aufgrund ihrer zahlreichen griechischen Inschriften ein wichtiges Zeugnis für den weiterhin starken griechischen Anteil der syrakusanischen Bevölkerung in der römischen Kaiserzeit dar. Den Abschluß der Besichtigung von Syrakus bildete der Besuch der Zona Archeologica. Hier sprach Eckart Olshausen über die auf Sizilien weit verbreitete und häufig vorkommende Herrschaftsform der Tyrannis.Neben der Frage, welche Ursprünge und welchen Verlauf die Entwicklung der ‚Herrschaft eines einzigen Mannes' auf Sizilien hatte, interessierte besonders, welche Bedeutung die Tyrannis für das Gefüge der sizilischen Städte hatte. So konnte vor allem Syrakus, dessen Einfluß auch auf die griechische Geschichte der Peloponnes nicht zuletzt während der Sizilischen Expedition Athens (415–413 v.Chr.) deutlich wird, zeitweise eine Vormachtstellung im Osten der Insel errichten. In diesem Zusammenhang steht schließlich, in welchem Verhältnis die griechischen Städte Siziliens als Bestandteil von Magna Graecia zu Griechenland standen. Ein Zeugnis der Tyrannis in Syrakus ist der Altar Hierons II., der, zwischen 241 und 215 v.Chr. errichtet, als größter bekannter Opferaltar der Antike eine hohe repräsentative Wirkung besaß. Weitere eindrucksvolle Monumente der einstigen Größe von Syrakus sind das gut erhaltene griechische Theater, die mächtigen Steinbrüche mit dem Ohr des Dionysios – eine künstliche Grotte, die einer Legende nach der Tyrann Dionysios als Kerker errichten ließ – und das aus der frühen römischen Kaiserzeit stammende Amphitheater.Der Nachmittag führte in das in der Nähe liegende Megara Hyblaia, das uns Wolfgang Dietz im Rahmen seines Themas "Die erste Phase der griechischen Kolonisation" näherbrachte. Die ehemalige griechische Kolonie wurde als eine der ältesten Gründungen auf Sizilien überhaupt von griechischen Auswanderern zwischen 750 und 728 v.Chr. angelegt. Am Beispiel dieser Stadt konnte der Frage nachgegangen werden, welches Interesse die griechischen Kolonisten verfolgten und in welchem Verhältnis sie zur sizilischen ‚Urbevölkerung' standen. Aufgrund ihrer Lage und dem nur bedingten Vorkommen fruchtbaren Landes kann hierbei spekulativ davon ausgegangen werden, daß Megara Hyblaia als regionaler Handelsumschlagsplatz fungierte. Jedenfalls stand Megara Hyblaia schon bald in Konkurrenz zu dem stetig mächtiger werdenden Syrakus, das seine Nachbarstadt Anfang des 5. Jahrhunderts schließlich zerstörte. Zwischen 340 und 214 v.Chr. erlebte die Stadt – wenn auch weiterhin im Schatten von Syrakus – ein zweite Blüte. Der Rundgang über das weitläufige Ausgrabungsareal bot nicht nur dem einen oder anderen Hobbyarchäologen unter den Teilnehmern einen äußerst lehrreichen Überblick über die Anlage einer griechischen Stadt und die verschiedenen Bauepochen der Gebäude.